Pfälzischer Erbfolgekrieg (1688 – 1697)

Mit dem Einmarsch ins Heilige Römische Reich wollte König Ludwig XIV. von Frankreich (1638 – 1715) die dauerhafte Anerkennung der Reunionen erzwingen.

Doch die Hoffnung auf einen schnellen Sieg erfüllte sich nicht.

Die im Zuge der Reunionspolitik durchgeführten Annexionen wurden im Frieden von Rijswijk (1697) fast vollständig zunichte gemacht.

1. Die Lage in der Kurpfalz

Mit dem Tod von Karl II. (1651 – 1685) starb in der Kurpfalz die Linie Pfalz-Simmern aus.

Neuer Kurfürst wurde Philipp Wilhelm (1615 – 1690) aus der Linie Pfalz-Neuburg.

Doch auch Ludwig XIV. von Frankreich erhob Anspruch auf Teile des pfälzischen Erbes, denn die Schwester des verstorbenen Kurfürsten war mit dem Bruder des Sonnenkönigs verheiratet.

Ludwig XIV. forderte im Namen seiner Schwägerin Liselotte von der Pfalz (1652 – 1722) das allodiale Stammgut der Linie Pfalz-Simmern und das Privatvermögen des Verstorbenen.

Zum allodialen Stammgut zählten beispielsweise die Fürstentümer Simmern und Lautern sowie Teile der Grafschaft Sponheim.

Die Verhandlungen über die Forderungen des Sonnenkönigs verliefen bis 1688 erfolglos.

2. Die Kölner Bischofswahl

Am 3. Juni 1688 starb der Kölner Kurfürst und Erzbischof Maximilian Heinrich von Bayern (1621 – 1688).

Um seine Nachfolge entwickelte sich ein Machtkampf zwischen Ludwig XIV. von Frankreich und Kaiser Leopold I. (1640 – 1705).

Während der Sonnenkönig seinen Verbündeten Wilhelm Egon von Fürstenberg (1629 – 1704) als neuen Erzbischof durchsetzen wollte, förderte der Kaiser die Kandidatur von Joseph Clemens von Bayern (1671 – 1723).

Bei der Abstimmung im Kölner Domkapitel erreichte keiner der beiden Kandidaten die notwendige Zweidrittelmehrheit.

Letztendlich traf Papst Innozenz XI. (1611 – 1689) die Entscheidung. Er ließ sich vom französischen Druck nicht einschüchtern und erklärte Joseph Clemens zum neuen Erzbischof und Kurfürsten von Köln.

3. Die Ziele des Sonnenkönigs

Am 24. September 1688 marschierten französischen Truppen in das Heilige Römische Reich ein.

Vom selben Tag datiert ein Manifest des Sonnenkönigs, in dem er seine Ziele und Forderungen ausformulierte.

So wollte Ludwig XIV. nachträglich die Ernennung von Wilhelm Egon von Fürstenberg zum Kurfürsten und Erzbischof von Köln erreichen.

Der französische König forderte außerdem eine finanzielle Kompensation für den Verzicht auf seine territorialen Ansprüche in der Kurpfalz.

Und die Annexionen, die Frankreich im Zuge der Reunionspolitik durchgeführt hat, sollten endgültig und permanent anerkannt werden.

Der Regensburger Stillstand hatte vier Jahre zuvor nur eine temporäre Lösung für die nächsten 20 Jahre vorgesehen. Der Sonnenkönig wollte die Annexionen dauerhaft absichern.

4. Französische Anfangserfolge

In der Anfangsphase des Krieges wurde das Heilige Römische Reich regelrecht überrollt.

Kaiser Leopold I. führte parallel im Osten Krieg gegen das Osmanische Reich und somit standen nur wenige Truppen zur Verteidigung zur Verfügung.

Eine Stadt nach der anderen wurde von den französischen Truppen erobert.

Am 17. Oktober 1688 fiel Mainz. 12 Tage später kapitulierte die Festung Philippsburg. Und am 12. November 1688 geriet Mannheim unter französische Kontrolle.

Außerdem eroberten die Soldaten des Sonnenkönigs Trier, Worms, Speyer, Kaiserslautern, Heidelberg, Heilbronn, Frankenthal, Koblenz, Alzey, Neustadt an der Weinstraße, Oppenheim, Bingen sowie Bad Kreuznach.

Innerhalb weniger Monate konnte Frankreich das linke Rheinufer fast vollständig unter seine Kontrolle bringen.

5. Die Verwüstung der Pfalz

In den besetzten linksrheinischen Gebieten führte Frankreich systematische Zerstörungen durch.

Städte wie Worms, Oppenheim, Bingen, Offenburg, Pforzheim, Durlach, Rastatt, Baden-Baden, Bad Kreuznach, Alzey und Frankenthal fielen der Verwüstung zum Opfer.

In Speyer plünderten die französischen Truppen sogar die Kaisergräber im Dom.

Und die Zerstörung der kurpfälzischen Residenzstadt Heidelberg vergiftete das deutsch-französische Verhältnis für Jahrhunderte.

Ezéchiel de Mélac (1630 – 1704) ging besonders brutal vor und wurde zu einem Feindbild für viele Deutsche.

Das strategische Kalkül hinter der systematischen Verwüstung der linksrheinischen Gebiete lag laut dem Historiker Eberhard Weis (1925 – 2013) darin, die kaiserliche Armee am Vorrücken zu hindern.

Frankreich wollte ein unüberwindliches „wüstenartiges Glacis“ erschaffen.

6. Das Schicksal von Heidelberg

Die Zerstörung von Heidelberg sorgte in der europäischen Öffentlichkeit für besonders viel Empörung.

Unter dem Kommando von Mélac stehende französische Truppen zerstörten 1689 das Heidelberger Schloss, die Residenz der Kurfürsten von der Pfalz.

Sie legten dabei Minen unterhalb des Schlosses, der kurfürstlichen Bibliothek, der Brückenpfeiler sowie der Stadtmauern. Danach raubten die Soldaten Geschütze und Munition. Außerdem plünderten sie Gemächer und Zimmer des Schlosses. Nun wurde die Sprengung vollzogen.

Auch das Heidelberger Rathaus fiel den französischen Truppen zum Opfer.

Liselotte von der Pfalz, in deren Namen Ludwig XIV. Krieg führte, beklagte sich bitterlich über die Zerstörung ihrer Heimat.

Das zerstörte Heidelberg wurde zum Symbol der deutsch-französischen „Erbfeindschaft“.

7. Magdeburger Konzert und Große Allianz

Um dem französischen Vormarsch Einhalt zu gebieten, bildeten sich zwei Allianzen aus.

Da wäre zum einen das Magdeburger Konzert, das am 22. Oktober 1688 gegründet wurde. Diesem Bündnis gehörten die Kurfürstentümer Sachsen, Brandenburg und Hannover sowie die Landgrafschaft Hessen-Kassel an.

Das Magdeburger Konzert mobilisierte 22 000 Soldaten.

Zum anderen formierte sich im Jahr 1689 die Wiener Große Allianz. Die wichtigsten Akteure in dieser anti-französischen Koalition waren Kaiser Leopold I. und Wilhelm III. von Oranien (1650 – 1702).

Wilhelm herrschte in Personalunion über England und die Republik der Vereinigten Niederlande.

Spanien, Schweden, Bayern, Savoyen sowie der Fränkische und der Schwäbische Reichskreis gehörten ebenfalls der Großen Allianz an.

8. Der französische Vormarsch gerät ins Stocken

Beinahe ganz Europa hatte sich gegen Ludwig XIV. verbündet und der Vormarsch Frankreichs geriet nun ins Stocken.

Die Truppen des Magdeburger Konzertes verhinderten einen französischen Vorstoß in Richtung Frankfurt/Main und beendeten die französische Besatzungsherrschaft in Franken.

Zu Beginn des Jahres 1689 wurde der Druck durch das Magdeburger Konzert so groß, dass sich die französische Armee hinter den Rhein zurückzog.

Und in den linksrheinischen Gebieten führten die Reichstruppen ab 1693 unter Führung des Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden-Baden (1655 – 1707) einen Guerilla-Krieg gegen die französischen Besatzer.

Ludwig Wilhelm hatte sich zuvor im Kampf gegen das Osmanische Reich ausgezeichnet und war daher auch als „Türkenlouis“ bekannt.

9. Der Aufstand der Jakobiten in Irland

Der Pfälzische Erbfolgekrieg wurde nicht nur im Heiligen Römischen Reich ausgekämpft. Einer der Schauplätze befand sich in Irland.

Im November 1688 hatte Wilhelm III. von Oranien zusammen mit seiner Ehefrau Maria II. von England (1662 – 1694) den englischen König Jakob II. (1633 – 1701) gestürzt.

Jakob II. floh nach Frankreich und wurde dort von Ludwig XIV. unterstützt.

Mit französischer Hilfe landete Jakob II. am 12. März 1689 in Irland, um dort seine Herrschaft wiederherzustellen.

Doch in der Schlacht am Boyne (11. Juli 1690) behielt Wilhelm III. von Oranien die Oberhand.

Bis 1691 konnte Wilhelm den Aufstand der Jakobiten (Anhänger Jakobs und seiner Nachkommen) erfolgreich niederschlagen.

10. Der Krieg in den Spanischen Niederlanden

Die Spanischen Niederlande waren während des Pfälzischen Erbfolgekrieges ein wichtiger Schauplatz.

Insbesondere Flandern besaß eine große strategische Bedeutung.

Hier gelang dem Herzog von Piney-Luxembourg (1628 – 1695) am 1. Juli 1690 in der Schlacht bei Fleurus ein bedeutender Sieg für Frankreich.

Am 10. April 1691 konnten die französischen Truppen nach einer einmonatigen Belagerung Mons einnehmen.

Und am 30. Juni 1692 zogen die Streitkräfte des Sonnenkönigs nach erfolgreicher Belagerung in Namur ein.

Auch in der Schlacht bei Neerwinden behielten die Franzosen am 29. Juli 1693 die Oberhand.

Auf einen bedeutsamen Erfolg musste die Große Allianz bis zum September 1695 warten, als Wilhelm III. von Oranien die Rückeroberung von Namur gelang.

11. Der Krieg in Nordamerika

Der Pfälzische Erbfolgekrieg wurde auch in Übersee ausgetragen.

Sowohl England als auch Frankreich unterhielten Kolonien in Nordamerika.

Frankreich und seine indianischen Verbündeten überfielen und zerstörten englische Siedlungen in Maine und New Hampshire.

Die Engländer schlugen zurück und fielen als Rache in das französische Siedlungsgebiet ein.

In der Schlacht von Port Royal gelang es den Streitkräften der englischen Massachusetts Bay Kolonie im Jahr 1690, die Hauptstadt der französischen Kolonie Akadien zu erobern.

Ein englischer Versuch, auch Québec einzunehmen, scheiterte jedoch im gleichen Jahr.

In den folgenden Jahren waren gegenseitige Überfälle an der Tagesordnung.

Der Frieden von Rijswijk bestätigte 1697 schließlich den Status quo in Nordamerika.

12. Der Weg zum Frieden

Mitte der 1690er-Jahre herrschte auf beiden Seiten Kriegsmüdigkeit.

Sowohl Frankreich als auch die Große Allianz waren sich im Klaren darüber, dass sich mit militärischen Mitteln keine Entscheidung herbeiführen ließe.

Die französischen Diplomaten agierten bei den Friedensverhandlungen sehr geschickt und sorgten durch separate Abkommen für den schrittweisen Zerfall der Großen Allianz.

1696 schied Savoyen aus dem Krieg aus.

Spanien, England und die Niederlande schlossen am 20. September 1697 Frieden mit Frankreich.

Kaiser Leopold I. und das Heilige Römische Reich standen nun isoliert da.

Frankreich wusste um seine starke Verhandlungsposition und setzte Kaiser und Reich ein Ultimatum.

Am 30. Oktober 1697 gab Kaiser Leopold I. schließlich dem Druck nach – und verzichtete auf Straßburg.

13. Der Frieden von Rijswijk

Auf den ersten Blick war der Frieden von Rijswijk ein voller Erfolg für das Heilige Römische Reich.

Die von Frankreich seit 1679 durchgeführten Reunionen wurden fast vollständig wieder rückgängig gemacht.

Wenn man jedoch genauer hinsieht, dann konnte auch Frankreich einen bedeutenden Erfolg verbuchen.

Das Elsass mitsamt der strategisch wichtigen Stadt Straßburg ging nämlich endgültig in französischen Besitz über.

Auch Wilhelm III. von Oranien konnte zufrieden sein, denn er wurde endlich von Ludwig XIV. als König von England anerkannt.

Hinsichtlich der spanischen Erbfolge konnte allerdings keine tragfähige Lösung gefunden werden.

Nur vier Jahre nach dem Frieden von Rijswijk begann der Spanische Erbfolgekrieg.