Das Edikt von Nantes (1598)

I. Prolog: Die Hugenotten

Das Edikt von Nantes setzte im Jahr 1598 einen vorläufigen Schlusspunkt unter einen jahrzehntelangen Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten in Frankreich.

Die französischen Protestanten waren als „Hugenotten“ bekannt. Der Begriff „Hugenotten“ lässt sich vom französischen Wort für Eidgenossen ableiten (eygenot oder eugenots). Das ist eine Anspielung auf die Stadt Genf in der Schweiz. Von hier aus breitete sich der Calvinismus aus.

II. Die Anfänge des Protestantismus in Frankreich

Zwischen dem Thesenanschlag von Wittenberg (1517) und dem Eintreffen des Protestantismus in Frankreich (1520) vergingen nur drei Jahre.

In Frankreich fiel die Glaubenslehre Martin Luthers auf fruchtbaren Boden. Innerhalb der Katholischen Kirche in Frankreich gab es eine Reformbewegung.

Mit Margarete von Angoulême (1492 – 1549) hegte die Schwester des amtierenden Königs von Frankreich Sympathien für die Ideen des Reformators. Und Teile des Hochadels konvertierten zum Protestantismus.

III. Die Spannungen wachsen

Die Obrigkeit reagierte mit harter Hand auf die neue Konfession. 1523 wurde zum ersten Mal ein Protestant hingerichtet. Ab 1530 wurde der französische Protestantismus zunehmend in den Untergrund gezwungen. Und 1534 sorgten anti-katholische Plakate in mehreren französischen Städten und sogar am königlichen Hof für eine riesengroße Empörung.

Als Reaktion darauf begann König Franz I. (1494 – 1547) mit der aktiven Bekämpfung des Protestantismus. Sein Sohn Heinrich II. (1519 – 1559) stellte die Häresie unter Todesstrafe.

IV. Heinrich II. und die protestantischen Reichsfürsten

Paradoxerweise verbündete sich derselbe Heinrich II., der in seinem eigenen Land die Protestanten verfolgen ließ, im Vertrag von Chambord (1552) mit den protestantischen Reichsfürsten.

Der gemeinsame Feind hieß Kaiser Karl V. (1500 – 1558), der sowohl über das Heilige Römische Reich als auch über Spanien herrschte.

Seine harte Haltung gegenüber den französischen Protestanten änderte Heinrich II. indes nicht.

V. Der Calvinismus

Johannes Calvin (1509 – 1564) wurde in der Picardie geboren und konvertierte 1533 zum Protestantismus.

Ein Jahr später musste er aus Frankreich flüchten und landete schließlich in Genf. Dort begründete er den nach ihm benannten Calvinismus und sorgte für dessen Verbreitung.

1555 entstand die erste calvinistische Kirche in Paris. Und in den folgenden Jahren trafen regelmäßig calvinistische Missionare aus Genf in Frankreich ein.

VI. Die Hugenottenkriege

Im Jahr 1562 überfiel Herzog François de Guise (1519 – 1563) einen protestantischen Gottesdienst in Wassy. Das von seinen Truppen angerichtete Massaker war der Auslöser für die Religionskriege.

Zwischen 1562 und 1598 lieferten sich Katholiken und Hugenotten acht blutige Bürgerkriege.

François de Guise wurde nur ein Jahr nach dem Massaker von Wassy von einem Hugenotten ermordet.

VII. Die Bartholomäusnacht

Am 18. August 1572 sollte die Hochzeit des Protestanten Heinrich von Navarra (1553 – 1610) mit der Katholikin Marguerite de Valois (1553 – 1615) zur Aussöhnung zwischen Katholiken und Hugenotten beitragen. Die Braut war die Schwester des französischen Königs Karls IX. (1550 – 1574).

Doch anstatt zu einer Versöhnung kam es zu einem Massaker. Tausende Hugenotten fielen einem katholischen Mob zum Opfer. Die Religionskriege gingen weiter.

VIII. Heinrich IV. wird König von Frankreich

1584 versprach der kinderlose König Heinrich III. von Frankreich (1551 – 1589) Heinrich von Navarra die Thronfolge.

Katholische Kreise um den Herzog Henri de Guise (1550 – 1588) wollten jedoch einen Protestanten auf dem französischen Thron nicht akzeptieren. So musste Heinrich von Navarra selbst nach der Ermordung Heinrichs III. um die Anerkennung seiner Thronfolge kämpfen.

1593 trat Heinrich von Navarra schließlich zum katholischen Glauben über und 1594 wurde er als Heinrich IV. zum König von Frankreich gekrönt.

IX. Das Edikt von Nantes: Religionsausübung

Der neue König Heinrich IV. suchte nach einem Kompromiss, der sowohl Katholiken als auch Hugenotten zufriedenstellte.

Heraus kam im Jahr 1598 das Edikt von Nantes. Den Hugenotten wurde das Recht eingeräumt, ihren Glauben in den von ihnen kontrollierten Städten frei auszuüben. Auch im privaten Rahmen durften sie ihre Konfession ohne Einschränkung praktizieren. Gleichzeitig wurden ihnen jedoch Gottesdienste in Paris, in den katholischen Gebieten und am königlichen Hof untersagt.

X. Das Edikt von Nantes: Bürgerrechte und Amnestie

Mit dem Edikt von Nantes vergrößerten sich die Handlungsspielräume der Hugenotten dramatisch. Staatsämter, die ihnen bislang verschlossen blieben, konnten nun von ihnen ausgeübt werden.

Zudem erhielten sie die Erlaubnis, Akademien für die Ausbildung von protestantischen Geistlichen zu errichten.

Weiterhin wurde ihnen eine Amnestie für die in der Vergangenheit begangenen Delikte erteilt.

Überdies sprach König Heinrich IV. den Hugenotten 100 Sicherheitsplätze zu.

XI. Das Edikt von Nantes wird verwässert

Doch die Freude über die neuen Freiheitsrechte währte nur kurz. Heinrich IV. wurde am 14. Mai 1610 ermordet und seine Nachfolger nahmen die im Edikt gemachten Zusagen Schritt und Schritt wieder zurück.

Unter dem Einfluss des Kardinals Richelieu (1585 – 1642) ließ König Ludwig XIII. (1601 – 1643) hugenottische Städte belagern.

Und König Ludwig XIV. (1638 – 1715) schränkte die Rechte der Hugenotten im Laufe seiner Regierungszeit immer mehr ein.

XII. Die Rücknahme des Ediktes von Nantes

Am 18. Oktober 1685 holte der Sonnenkönig schließlich zum finalen Schlag gegen die Hugenotten aus. An diesem Tag erließ er nämlich das Edikt von Fontainebleau und machte damit das Edikt von Nantes rückgängig.

Fortan waren protestantische Gottesdienste verboten und hugenottische Kinder wurden zwangsweise katholisch getauft. Ludwig XIV. ordnete die Zerstörung von protestantischen Kirchen an und ließ die hugenottischen Schulen in Frankreich schließen. Außerdem erhielten die in Frankreich lebenden Hugenotten ein Ausreiseverbot.

XIII. Die Flucht der Hugenotten

Trotz dieses Ausreiseverbotes ergriffen 170 000 Hugenotten die Flucht aus Frankreich, um der Unterdrückung zu entkommen.

Sie fanden in England, Preußen und den Niederlanden Zuflucht und wurden in ihren neuen Heimatländern ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

Gleichzeitig fehlte ihr Fachwissen in Frankreich an allen Ecken und Enden.

Die Rücknahme des Ediktes von Nantes stellte sich als kontraproduktive Entscheidung heraus.

XIV. Epilog: Das Edikt von Versailles (1787)

Erst am Vorabend der Französischen Revolution erhielten die in Frankreich verbliebenen Hugenotten zumindest einen Teil ihrer Rechte zurück.

Am 29. November 1787 erließ König Ludwig XVI. (1754 – 1793) das Edikt von Versailles. Darin wurde zwar der Katholizismus als die Staatsreligion Frankreichs bestätigt, aber die Hugenotten erhielten das Eigentums- und Erbrecht zurück und durften wieder eigene Friedhöfe anlegen.

Die Französische Revolution sorgte schließlich für die vollständige Gleichstellung der Hugenotten.