I. Der französische Barock
Während der Regierungszeit Ludwigs XIV. war der Barock der dominierende architektonische Stil. Der französische Barock verstand einen repräsentativen Bau als ein Gesamtkunstwerk. Gebäude und Gartenanlagen bildeten eine Einheit. Eine Schlossanlage aus dieser Zeit wollte mit ihrer gewaltigen Größe und Pracht den Betrachter in ihren Bann ziehen und beeindrucken. Zu den typischen Elementen eines französischen Barockbaus zählen große Rundbogenfenster und Treppenaufgänge sowie Kolonnaden nach römischem Vorbild. Die großzügigen Parkanlagen überwinden das Chaos der Natur durch streng geometrische Landschaften. Und mit Hilfe von Spiegelgalerien werden Lichteffekte hergestellt. Das Schloss in Versailles steht sinnbildlich für die französische Architektur unter Ludwig XIV.
II. Louis Le Vau
Der 1612 in Paris geborene Louis Le Vau hat die Entwicklung der französischen Architektur unter Ludwig XIV. entscheidend geprägt. Zwischen 1653 und 1670 übte er das Amt des Hofarchitekten des Sonnenkönigs aus und sorgte in Frankreich für den Übergang von der Renaissance hin zum Barock. Er bezog seine Inspirationen aus dem italienischen Barock. Das von ihm zwischen 1656 und 1661 errichtete Schloss Vaux-le-Vicomte enthielt schon viele Elemente, die in den folgenden Jahren das viel berühmtere Schloss Versailles auszeichnen sollten. Folgerichtig übernahm er 1668 die Bauleitung in Versailles. Louis Le Vau starb 1670 in Paris.
III. Jules Hardouin-Mansart
Der 1646 in Paris geborene Jules Hardouin-Mansart entstammte einer Familie von Architekten. Er bekleidete seit 1675 das Amt des königlichen Hofbaumeisters und übernahm 1678 auch die Bauleitung in Versailles. Dort vollendete er das Schloss und schuf seine bekanntesten Werke. Hierzu zählen unter anderem das Grand Trianon, die Schlosskapelle und die Kolonnade. Auch außerhalb von Versailles hinterließ Hardouin-Mansart seine Spuren. So ist beispielsweise der Invalidendom nach seinen Plänen entstanden. Auch die Pläne für den Place Vendôme und den Place des Victoires gehen auf ihn zurück. Das Mansarddach ist ein typisches Element seiner Architektur. Hardouin-Mansart verstarb 1708 in Marly-le-Roi.
IV. Die königlichen Plätze: Place Vendôme
Ludwig XIV. verlegte zwar 1682 seinen Hof nach Versailles, aber auch in Paris hat der Sonnenkönig nachhaltige architektonische Spuren hinterlassen. Zwei von fünf der königlichen Plätze in der französischen Hauptstadt entstanden in der Regierungszeit Ludwigs XIV. Einer davon ist der Place Vendôme. Dessen Bau verlief ab 1685 zunächst nur schleppend und 1699 musste der König den Platz aus finanziellen Gründen sogar an die Stadt Paris veräußern. Der Place Vendôme hat 110 Arkadenbögen, die ihn als Außenabgrenzung umrunden. Im Zentrum des Platzes, der bis 1793 Place de Louis le Grand hieß, befand sich bis zur Französischen Revolution eine Statue des Sonnenkönigs.
V. Die königlichen Plätze: Place des Victoires
In unmittelbarer Nähe zum Louvre befindet sich der Place des Victoires. Das Herzstück des Platzes ist eine Reiterstatue Ludwigs XIV., die 1682 in Auftrag gegeben wurde. Der Place des Victoires („Platz der Siege“) stellte eine Würdigung der militärischen Erfolge des Sonnenkönigs dar. 1683 begann Jules Hardouin-Mansart mit der Planung der Gebäude, die um die Statue herum entstehen sollten. Die Häuser am Platz zeichnen sich durch Mansarddächer, Arkadengeschosse, Arkadengänge und eine ionische Ordnung aus. Der Platz wurde im Jahr 1687 eingeweiht. Das Reiterstandbild des Königs wurde während der Revolution entfernt und kehrte 1822 auf den Platz zurück.
VI. Der Invalidendom
Der zwischen 1679 und 1708 erbaute Invalidendom bildet einen Gebäudekomplex mit dem Hôtel des Invalides, in dem verwundete und kampfunfähige Soldaten verpflegt wurden. Baumeister Jules Hardouin-Mansart orientierte sich bei der Errichtung des Invalidendoms am Petersdom in Rom. Im Jahr 1690 wurde die markante Kuppel vollendet. Sie ist vergoldet und zeigt Darstellungen der Könige von Frankreich und der Apostel. Im Invalidendom sind mit Turenne (1611 – 1675) und Vauban (1633 – 1707) zwei der wichtigsten militärischen Persönlichkeiten aus der Zeit des Sonnenkönigs bestattet. Und 1840 fand Napoleon Bonaparte hier seine letzte Ruhe.
VII. Schloss Versailles in Zahlen
Schloss Versailles steht symbolisch für die Regierungszeit Ludwigs XIV. An der Errichtung dieses Bauwerks der Superlative waren 36 000 Arbeiter und 6000 Pferde beteiligt. Das Schlossareal umfasst unglaubliche 63 154 Quadratmeter Grundfläche. Besonders beeindruckend sind die Gartenanlagen. Zwischen 1662 und 1689 wurden von André Le Nôtre (1613 – 1700) auf 715 Hektar 75 000 Bäume gepflanzt. Le Nôtre setzte mit seinem Barockgarten Maßstäbe und beeinflusste Landschaftsarchitekten in ganz Europa. Der Bau von Schloss Versailles hat insgesamt 77 Millionen Livres verschlungen. In die Errichtung des Schlosses flossen bis zur Fertigstellung jedes Jahr 12 bis 14 Prozent des französischen Staatshaushalts.
VIII. Schloss Versailles: Baugeschichte
Das Schloss Versailles stellt keinen Neubau dar. Bereits der Vater des Sonnenkönigs ließ zwischen 1631 und 1634 ein Jagdschloss an derselben Stelle errichten. Nach seinem Sieg über Spanien im Devolutionskrieg (1668) begann Ludwig XIV. mit dessen Erweiterung. 1677 erhielt Versailles die Designation als zukünftiger Regierungssitz. Zwischen 1678 und 1684 setzte Jules Hardouin-Mansart den Ausbau des Schlosses fort und schaffte Platz für den Hofstaat. Letzterer siedelte schließlich 1682 nach Versailles über. Die Arbeiten waren aber noch nicht abgeschlossen. Der Südflügel wurde 1684 und der Nordflügel 1689 vollendet. Die französischen Könige residierten bis 1789 in Versailles.
IX. Schloss Versailles: Stil
Da das Schloss Versailles über eine unglaubliche Anzahl an Räumen und Bauwerken verfügt, seien an dieser Stelle drei signifikante Elemente hervorgehoben. Im Spiegelsaal lenken 17 Fenster das Licht in Richtung von 17 genau gegenüberliegenden Spiegeln und sorgen dafür, dass der Saal deutlich größer erscheint, als er tatsächlich ist. Insgesamt sorgen 367 Spiegelflächen für besondere Lichteffekte. Im Schlosspark ist André Le Nôtre mit dem Grand Canal das Kunststück gelungen, trotz zweier unterschiedlich langer Seitenarme beim Hauptbecken den Eindruck von optischer Harmonie zu vermitteln. Und die 1710 fertiggestellte königliche Kapelle ist das letzte wichtige Bauwerk aus der Zeit des Sonnenkönigs. Sie verfügt über einen Boden aus Marmor, Gemälde von herausragenden Künstlern sowie eine Kolonnade nach antikem Vorbild. Der Kirchenbau wird von korinthischen Säulen gestützt.
X. Versailles als Inspiration
Das Schloss von Versailles war stilprägend für ganz Europa und diente als Vorbild für zahlreiche andere Fürsten. In Mannheim errichteten Karl III. Philipp (1661 – 1742) und Karl IV. Theodor (1724 – 1799) zwischen 1720 und 1760 die neue Residenz der Kurfürsten von der Pfalz. In Karlsruhe ließ Karl III. Wilhelm von Baden-Durlach (1679 – 1738) ab 1715 die Residenz der späteren Großherzöge von Baden bauen. Der russische Zar Peter der Große (1672 – 1725) veranlasste zwischen 1714 und 1723 den Bau von Peterhof, auch bekannt als „russisches Versailles“. Und der bayerische König Ludwig II. (1845 – 1886) zollte dem Sonnenkönig mit dem Bau des Neuen Schlosses Herrenchiemsee Respekt. Der „Märchenkönig“ bewunderte Ludwig XIV. und erfüllte sich den Traum von einem eigenen Versailles.