Außenpolitik Ludwigs XIV.

1. Die Ausgangslage

Am 14. Mai 1643 starb König Ludwig XIII. von Frankreich (1601 – 1643) während des Französisch-Spanischen Krieges. Die Motive, die diesem Krieg zugrunde lagen – die Rivalität zum Haus Habsburg und die Angst vor einer habsburgischen Umklammerung – sollten auch die Außenpolitik des neuen Königs bestimmen. Zunächst war Ludwig XIV. (1638 – 1715) jedoch noch minderjährig und die außenpolitischen Geschicke Frankreichs wurden von Kardinal Jules Mazarin (1602 – 1661) gelenkt. Dieser suchte nach Wegen, um den Krieg gegen Spanien für Frankreich zu entscheiden.

2. Der Erste Rheinbund

Mazarins Strategie bestand aus zwei Elementen. Zum einen ging er ein Bündnis mit dem englischen Lord-Protektor Oliver Cromwell (1599 – 1658) ein. Zum anderen setzte er die französische Diplomatie als Instrument gegen das Haus Habsburg ein. So gehörte der spätere französische Außenminister Hugues de Lionne (1611 – 1671) 1658 zu den Hauptantreibern bei der Gründung des Ersten Rheinbundes. Dessen Ziel war es, das Heilige Römische Reich aus dem Krieg zwischen Spanien und Frankreich herauszuhalten. In der Folge konnte Kaiser Leopold I. (1640 – 1705) seinen spanischen Verwandten nicht helfen. Überdies bot der Rheinbund Frankreich die Möglichkeit, im und auf das Heilige Römische Reich Einfluss zu nehmen.

3. Der Pyrenäenfriede und die spanische Hochzeit

Die Strategie Mazarins zeigte Wirkung und im Pyrenäenfrieden konnte er einen für Frankreich vorteilhaften Friedensschluss aushandeln. Gleichzeitig endete die spanische Hegemonie in Europa. Eine der Klauseln sollte noch von großer Bedeutung sein. Der Friedensvertrag sah nämlich eine Heirat zwischen König Ludwig XIV. und der spanischen Prinzessin Maria Theresia (1638 – 1683) vor. Sie war die Tochter von König Philipp IV. von Spanien (1605 – 1665). Eigentlich war vorgesehen, dass jegliche Ansprüche der Braut in Spanien bzw. auf die spanischen Besitztümer entfallen sollten. Aber da ihr Vater die Mitgift nicht bezahlen konnte, blieben die Erbansprüche Maria Theresias bestehen.

4. Karl II. und die spanische Frage

Richtig akut wurde die spanische Erbfrage 1665. Am 17. September dieses Jahres starb nämlich Philipp IV. von Spanien. Er hinterließ nur einen Sohn, der als Karl II. (1661 – 1700) neuer König wurde. Karl war geisteskrank, zeugungsunfähig und in gesundheitlicher Hinsicht labil. Jeder wusste, dass mit ihm die spanischen Habsburger aussterben würden. Sein Zustand resultierte daraus, dass die beiden Linien des Hauses Habsburg über Generationen hinweg Inzest betrieben hatten. Für die Nachfolge Karls kamen zwei Häuser in Frage: Zum einen die österreichischen Habsburger und zum anderen die französischen Bourbonen. Das Ringen um die spanische Erbfolge sollte die europäische Außenpolitik in den nächsten Jahrzehnten prägen.

5. Das Ringen um die spanische Erbfolge

Bei seinen Ansprüchen auf die spanischen Besitztümer berief sich König Ludwig XIV. von Frankreich auf die Erbrechte seiner Ehefrau. Bereits 1667 machte er von einem brabantischen Regionalrecht Gebrauch, um im Namen Maria Theresias große Teile der Spanischen Niederlande zu verlangen. Da Spanien auf diese Forderung nicht einging, kam es zum Devolutionskrieg (1667/68). Noch während des Krieges wurde bereits eine Lösung für das Gesamtreich gesucht. In der Erwartung eines frühen Todes Karls II. einigte sich Ludwig XIV. am 19. Januar 1668 mit Kaiser Leopold I. auf eine Aufteilung des Spanischen Weltreiches. Da Karl II. jedoch länger lebte als erwartet, kam der geheime Teilungsvertrag nicht zum Tragen.

6. Die Rivalität zu den Habsburgern

Ein prägendes Motiv der französischen Außenpolitik während des Ancien Régimes war der Gegensatz zwischen Frankreich und den Habsburgern. Dieser Konflikt lässt sich bereits in die Zeit von Kaiser Karl V. (1500 – 1558) und König Franz I. von Frankreich (1494 – 1547) zurückverfolgen. Unter Karl V., der als Karl I. in Spanien herrschte, wurden das Heilige Römische Reich und Spanien in Personalunion regiert. Dass sich nach dem Tod Karls II. eine solche Umklammerung wiederholen könnte, war für Frankreich ein Albtraum. Die Verhinderung eines solchen Szenarios war eine außenpolitische Priorität für Ludwig XIV.

7. Hegemonialmacht Frankreich

Die ersten drei Jahrzehnte der Herrschaft des Sonnenkönigs waren für Frankreich sehr erfolgreich. Sowohl der Devolutionskrieg als auch der Holländische Krieg (1672 – 1678) endeten mit vorteilhaften Friedensverträgen für Frankreich. Das französische Staatsgebiet war erheblich angewachsen und gerade in strategischer Hinsicht hatte sich die Situation für Frankreich verbessert. Nach dem Frieden von Nimwegen (1679) war Frankreich der Hegemon in Europa. Ludwig XIV. war zeitweise so mächtig, dass er Europa seinen Willen aufzwingen konnte. Frankreich war unter dem Sonnenkönig zur führenden Macht in Europa geworden. Diesen Aufstieg hat das Königreich seiner Diplomatie und seiner Armee zu verdanken.

8. Die Stärke der französischen Diplomatie

Die französische Diplomatie war im 17. Jahrhundert führend in Europa. An der Spitze des Außenministeriums standen während der Regierungszeit Ludwigs XIV. stets fähige Diplomaten. Zwischen 1663 und 1671 war der bereits erwähnte Hugues de Lionne Außenminister. Ihm folgte zwischen 1671 und 1679 Simon Arnauld de Pomponne (1618 – 1699). Und zwischen 1679 und 1715 befand sich das Außenministerium in der Hand der Familie Colbert. Bei den Friedensverhandlungen, die die zahlreichen Kriege des Sonnenkönigs beendeten, zeichneten sich die französischen Gesandten durch ihr diplomatisches Geschick aus. Sie spielten die Kriegsgegner gegeneinander aus und holten im anschließenden Friedensvertrag das Maximum für Frankreich heraus.

9. Frankreichs Bündnissystem

Ein weiterer Beleg für die Stärke der französischen Diplomatie ist das weit verzweigte Bündnissystem des Königreichs. Zwischenzeitlich zählte die Mehrheit der Kurfürsten des Heiligen Römischen Reiches zu den Verbündeten Frankreichs. An dieser Stelle muss man vor allem die Kurfürsten von Brandenburg und Bayern sowie den Erzbischof von Köln nennen. Zeitweise galten der Sonnenkönig oder dessen Sohn (1661 – 1711) als ernsthafte Kandidaten für die nächste Kaiserwahl. Auch außerhalb des Heiligen Römischen Reiches verfügte Frankreich über mächtige Bündnispartner. Dänemark, Schweden und das Osmanische Reich waren Frankreich wohlgesonnen. Das Bündnis mit den Türken geht auf König Franz I. und die Allianz mit Schweden auf Kardinal Richelieu (1585 – 1642) zurück.

10. Wie Frankreich Frieden schloss

Die Stärke der französischen Diplomatie kam vor allem während Friedensverhandlungen zur Geltung. Zuerst zerbrachen sie die Allianz der Feinde, indem sie mit einem der Gegner einen Separatfrieden aushandelten. In der Folge wurden die Spannungen zwischen den verbliebenen Mitgliedern der feindlichen Koalition im Laufe der Zeit immer größer. Irgendwann kam es dann zum offenen Bruch zwischen den einstigen Verbündeten. Am Ende kam schließlich ein Friedensvertrag zustande, mit dem Frankreich gut leben konnte. Dieses Schema lässt sich sowohl für den Frieden von Nimwegen (1679) als auch für den Frieden von Rijswijk (1697) beobachten.

11. Die Stärke der französischen Armee

Die französische Armee war ebenfalls ein zentraler Faktor beim Aufstieg Frankreichs zur Hegemonialmacht. Die Kriegsminister Michel Le Tellier (1603 – 1685) und Louvois (1641 – 1691) hatten eine schlagkräftige Truppe geformt, die es mit ganz Europa aufnehmen konnte. Die französische Armee war das erste stehende Heer in Europa seit dem Untergang des Weströmischen Reiches. Diese Streitmacht verfügte über eine vorzügliche Bewaffnung und herausragende Kommandeure. Hierzu zählten beispielsweise François Henri de Montmorency-Luxembourg (1628 – 1695), der Große Condé (1621 – 1686) sowie Turenne (1611 – 1675). Letzterer gilt als einer der größten Feldherren in der Geschichte Frankreichs.

12. Die Rheingrenze

Hinsichtlich der Außenpolitik Ludwigs XIV. wird häufig die Frage gestellt, ob der Sonnenkönig die Rheingrenze angestrebt hat. Der Rhein zählte zusammen mit den Alpen, den Pyrenäen, dem Mittelmeer sowie dem Atlantischen Ozean zu den „natürlichen Grenzen“ Frankreichs. Auch wenn die „natürlichen Grenzen“ erst während der Französischen Revolution zu einem offiziellen politischen Ziel wurden, so war die Idee bereits während der Zeit des Sonnenkönigs bekannt. Sie wurde von den Jesuiten verbreitet und beeinflusste das Denken von Vauban (1633 – 1707). Letzterer war der führende Festungsbaumeister in dieser Zeit und stand in einem regelmäßigen Austausch mit dem König.

13. Vergleiche zwischen Frankreich und Gallien

Im Zusammenhang mit der Rheingrenze fällt auf, dass während der Regierungszeit Ludwigs XIV. die Gleichsetzungen Frankreichs mit dem antiken Gallien zunehmen. So machte der Autor und Jurist Antoine Aubery (1616 – 1695) auf die angebliche Kontinuität zwischen Galliern, Franken und Franzosen aufmerksam. Und die Darstellung des antiken Galliens war ein beliebter Kartentypus im 17. Jahrhundert. Bei diesen Darstellungen reichte Gallien stets bis zum Rhein. Einer der Kartographen, der diesen Typus in seinem Repertoire hatte, war Nicolas Sanson (1600 – 1667). Sanson war zugleich „Géographe Ordinaire du Roi“ und unterrichtete Ludwig XIV. in Geographie. Dem König könnte die Idee der Rheingrenze also bekannt gewesen sein.

14. Frankreich und der Rhein

Was man zweifelsohne festhalten kann, ist die Tatsache, dass Frankreich seine Grenze seit dem Westfälischen Frieden Schritt für Schritt in Richtung Rhein vorschob. Das französische Interesse am Rhein wird durch eine Vielzahl an Karten zum Rheinverlauf seit dem Beginn der 1670er-Jahre verdeutlicht. Die französische Kartographie übernahm sogar die Vorreiterrolle bei der Erfassung des rheinischen Raumes. In der Korrespondenz zwischen dem Festungsbaumeister Vauban und dem Kriegsminister Louvois kam der Rhein häufig zur Sprache. Und eben jenem Louvois wurden in den 1670er- und 1680er-Jahren auffällig viele Karten zum Rheinverlauf gewidmet. Der Rhein spielte in den strategischen Überlegungen eine Schlüsselrolle.

15. Das französische Sicherheitsbedürfnis

Zu den Haupttriebfedern der Außenpolitik des Sonnenkönigs gehörte die Herstellung von sicheren Grenzen. Durch den Ausbau und die Ausdehnung der französischen Nord- und Ostgrenze sollten die französischen Kernlandschaften sowie die Hauptstadt Paris geschützt werden. Während des Französisch-Spanischen Krieges waren spanische Truppen in Burgund eingefallen. Das sollte nicht wieder vorkommen. Ludwig XIV. strebte eine Grenze an, die sicher ist und die man gut verteidigen kann. Neben der Erlangung von Ruhm (gloire) waren sichere Grenzen das außenpolitische Hauptmotiv Ludwigs XIV. von Frankreich. Um diese zu gewährleisten, setzte er auf eine aggressive Politik.

16. Frankreich und das Elsass

Die französische Politik gegenüber dem Elsass muss man auch unter dem Blickwinkel des Sicherheitsbedürfnisses sehen. Während des Holländischen Krieges erhielten die Feinde Frankreichs von der elsässischen Bevölkerung Hilfe. 1674 nutzte die kaiserliche Armee das Elsass als Einfallstor nach Frankreich. Die Brücke der Stadt war der einzige Ort, den die Feinde Frankreichs zum Überqueren des Rheines nutzen konnten. Letztendlich konnte der Große Condé die kaiserlichen Truppen zum Rückzug zwingen, doch der Sonnenkönig hatte seine Lektion gelernt. Er wollte das Einfallstor Elsass schließen und unterstellte die Region endgültig seiner Souveränität. 1681 wurde schließlich Straßburg von Frankreich annektiert.

17. Frankreich und Lothringen

Ebenfalls von großer strategischer Bedeutung war Lothringen. Das Herzogtum lag genau zwischen dem Heiligen Römischen Reich und Frankreich. Während des 17. Jahrhunderts stand Lothringen die meiste Zeit über unter französischer Besatzungsherrschaft. Zuerst von 1633 bis 1661. Und dann wieder von 1670 bis 1697. Der zweiten Besatzung gingen strategische Überlegungen voraus. Frankreich bereitete den Holländischen Krieg vor und wollte der spanischen Armee den Weg von der Franche-Comté in die Republik der Vereinigten Niederlande versperren. Hinzu kam, dass Herzog Karl IV. von Lothringen (1604 – 1675) in den Augen Frankreichs ein unsicherer Kantonist war und daher seines Amtes enthoben werden musste.

18. Die Grundlagen der Reunionspolitik

Nach dem Frieden von Nimwegen (1679) setzte Ludwig XIV. seinen Expansionskurs fort. Der Grundstein für die Reunionspolitik wurde bereits im Westfälischen Frieden (1648) gelegt. Dort hatten französische Diplomaten eine Formulierung durchgesetzt, die für Frankreich eine Hintertür offen ließ, um zu einem späteren Zeitpunkt die Lehen und früheren Besitzungen der drei Bistümer Metz, Toul und Verdun einfordern zu können. Nach dem Frieden von Nimwegen machte Frankreich ernst und richtete Reunionskammern in Besançon, Breisach und Metz ein. Dort fanden Schauprozesse statt. Die angeklagten linksrheinischen Landesherren hatten keine Chance, den Übergang in französische Souveränität zu verhindern.

19. Die Reunionen

Im Zuge der Reunionspolitik wurden zahlreiche linksrheinische Territorien des Heiligen Römischen Reiches von Frankreich annektiert. Insbesondere der Kurfürst von der Pfalz und der Erzbischof von Trier verloren viele Gebiete an Frankreich. Auch das Herzogtum Lothringen geriet ins Visier der Reunionskammer von Metz. Einer der brisantesten Fälle ist die Reunion des Herzogtums Pfalz-Zweibrücken. Dort regierte in Personalunion König Karl XI. von Schweden (1655 – 1697). Im Zuge dieser Reunion ging die langjährige Allianz zwischen Frankreich und Schweden in die Brüche. Die Grafschaften Nassau-Saarbrücken, Saarwerden, Württemberg-Mömpelgard, Sponheim und Pfalz-Veldenz wurden ebenfalls der französischen Souveränität zugeführt. Insgesamt waren 600 Territorien von der Reunionspolitik betroffen.

20. Das Bündnis mit dem Osmanischen Reich

Um Kaiser Leopold I. zur verbindlichen und dauerhaften Anerkennung der Reunionen zu zwingen, benutzte König Ludwig XIV. das Osmanische Reich als Druckmittel. Der Sonnenkönig ermunterte nämlich 1683 den türkischen Sultan zu einem Angriff auf die Habsburgermonarchie. Und während der Belagerung Wiens durch die Türken im selben Jahr versuchte Ludwig XIV. den polnischen König Johann III. Sobieski (1624 – 1696) davon zu überzeugen, Wien die Hilfe zu verweigern. Zudem verweigerte der Sonnenkönig die Entsendung von französischen Truppen, welche die Wiener Bevölkerung gegen die osmanischen Belagerer unterstützen hätten können. Die Taktik ging zumindest teilweise auf, und Kaiser Leopold I. erkannte die Reunionen 1684 für 20 Jahre an.

21. Vaubans Festungsnetz

In den von Frankreich in den Kriegen und durch die Reunionspolitik eroberten Gebieten entstand nach den Plänen Vaubans ein umfangreiches Festungssystem. 33 neue Festungen gingen auf ihn zurück. Diese waren teilweise bis in das 19. Jahrhundert hinein uneinnehmbar. Vor Vauban bestand die Gefahr, dass kaiserliche Truppen tief nach Frankreich einfallen könnten. Nachdem Vauban sein Festungsnetz hatte errichten lassen, waren solche Invasionen nicht mehr möglich. So schützten beispielsweise die Festungen Straßburg, Kehl und Fort Louis das Unterelsass. Die Festung Mont Royal fungierte als Schutzschild für Lothringen. Und Saarlouis und Pfalzburg entstanden zur Verteidigung der Gebiete an der Saar.

22. Strebte Ludwig XIV. nach der Rheingrenze?

Offiziell hat Frankreich in der Zeit Ludwigs XIV. nicht nach der Rheingrenze gestrebt. Ein solches Ziel ist in der damaligen Zeit nie so ausformuliert worden. Seine Politik in der Realität zielte jedoch genau darauf ab. Man eroberte oder erwarb Gebiete und näherte sich damit dem Rhein an. Im hinzugewonnenen Territorium wurden daran anschließend Vauban-Festungen gebaut, mit denen man diese Gebiete dauerhaft an Frankreich binden wollte. Verstärkend kommt noch hinzu, dass die Idee der Rheingrenze bei den gebildeten Schichten aus dieser Zeit bereits bekannt war.

23. Frankreich und die Niederlande

Die Republik der Vereinigten Niederlande war neben dem Haus Habsburg der Erzfeind des Sonnenkönigs. 1668 hatte die von der Republik angeführte Tripel-Allianz (Niederlande, England, Schweden) den französischen Vormarsch in den Spanischen Niederlanden ausgebremst. Ludwig XIV. musste sich zähneknirschend den Forderungen der Allianz beugen und plante bereits den Rachefeldzug gegen die Niederlande. Die Wut des Sonnenkönigs auf die Republik war nicht der einzige Grund für den Holländischen Krieg. Hinzu kam ein langwieriger Handelskonflikt zwischen Frankreich und den Niederlanden. Die Republik der Vereinigten Niederlande war ein fester Bestandteil aller anti-französischen Bündnisse.

24. Wilhelm III. von Oranien – der Erzfeind des Sonnenkönigs

Im bereits erwähnten Holländischen Krieg sah es 1672 zunächst nach einem schnellen Sieg Frankreichs aus. Doch dann übernahm Wilhelm III. von Oranien (1650 – 1702) als Statthalter die Führung der Republik und vertrieb die französischen Soldaten aus den Niederlanden. Wilhelm sollte sich als der größte Gegenspieler des Sonnenkönigs entpuppen. Er war ein integraler Bestandteil aller Bündnisse, die sich gegen Ludwig XIV. richteten. Ab 1688 (Glorious Revolution) war er in Personalunion auch König von England und führte damit die Seemächte (Niederlande und England) im Kampf gegen den Sonnenkönig zusammen.

25. Frankreich schreckt seine Verbündeten ab

In den Jahren nach dem Frieden von Nimwegen strebte Frankreich nach absoluter Sicherheit. Doch während Ludwig XIV. sein eigenes Vorgehen als defensiv empfand, fühlten sich Frankreichs Nachbarn durch das aggressive Auftreten bedroht. Mit der Reunionspolitik brachte er beispielsweise den bayerischen Kurfürsten Maximilian II. Emanuel gegen sich auf. Und im Zuge der Aufhebung des Ediktes von Nantes wandten sich ab 1685 die protestantischen Reichsfürsten von Frankreich ab. Der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm lud im Edikt von Potsdam (1685) die in Frankreich unterdrückten Hugenotten sogar in sein Land ein.

26. Allianzen gegen Frankreich

Immer mehr Länder empfanden im Laufe der Zeit Frankreich als Bedrohung. Das Ergebnis waren Allianzen, die das Ziel verfolgten, der französischen Expansion Einhalt zu bieten. 1686 schlossen sich Kaiser Leopold I., Spanien, Bayern, Schweden sowie die oberrheinischen und fränkischen Reichskreise zur Augsburger Allianz zusammen. Nachdem Ludwig XIV. 1688 den Pfälzischen Krieg vom Zaun brach, bildeten sich neue Bündnisse gegen Frankreich. Sachsen, Brandenburg, Hannover und Hessen-Kassel gründeten das Magdeburger Konzert. 1689 entstand die Wiener Große Allianz. Ihr gehörten Kaiser Leopold I., Wilhelm III. von Oranien, die Könige von England, Schweden und Spanien sowie der Kurfürst von Bayern an.

27. Der Frieden von Rijswijk

Nach neun langen Jahren endete der Pfälzische Erbfolgekrieg 1697 in Rijswijk. Nach Jahrzehnten der Expansion stieß Ludwig XIV. an seine Grenzen. So musste er fast alle Gebiete, die er im Zuge der Reunionen gewonnen hatte, wieder an ihre vorherigen Besitzer zurückgeben. Außerdem musste der Sonnenkönig seinen Erzrivalen Wilhelm III. von Oranien als König von England anerkennen. Das Elsass blieb allerdings in französischer Hand. Der letzte große Krieg des Sonnenkönigs war der Spanische Erbfolgekrieg (1701 – 1714). Ein Jahr nach dem Frieden von Rastatt (1714) starb Ludwig XIV. von Frankreich.

28. Europa nach dem Tod des Sonnenkönigs

Kurz vor seinem Tod konnte Ludwig XIV. die Erbfolge seines Enkels Philipps V. (1683 – 1746) in Spanien durchsetzen. Jedoch erhielten die österreichischen Habsburger die italienischen Besitzungen des Spanischen Weltreiches. Zudem wurde eine Personalunion der französischen und der spanischen Krone untersagt. An die Stelle der französischen Hegemonie war in Europa ein Gleichgewicht der Macht getreten. Frankreich, Österreich und Großbritannien hatten sich als führende Großmächte etabliert. Preußen und Russland befanden sich auf dem Weg dorthin.

29. Die Auswirkungen auf Frankreich

Ludwig XIV. hatte das Elsass und die Franche-Comté dauerhaft für Frankreich gewonnen sowie den Großmachtstatus des Landes zementiert. Doch der Preis dafür war sehr hoch. Im Zuge der großen Hungersnot von 1694 verlor Frankreich zehn Prozent seiner Bevölkerung. In den Kriegen des Sonnenkönigs sind viele junge Männer gefallen. Zudem waren die französischen Staatsfinanzen am Ende der Regierungszeit Ludwigs XIV. ruiniert. Das Ancien Régime litt bis zum Ende der Monarchie unter finanziellen Schwierigkeiten. Die ökonomischen Probleme Frankreichs waren schließlich eine der Ursachen der Revolution.

30. Die langfristigen Folgen

Die schwerwiegendsten und verhängnisvollsten Auswirkungen hatte die Außenpolitik Ludwigs XIV. auf das deutsch-französische Verhältnis. In den ersten Jahren des Pfälzischen Krieges hatten französische Truppen die linksrheinischen Gebiete des Heiligen Römischen Reiches systematisch verwüstet. Die Ruine des Heidelberger Schlosses steht symbolisch für diesen Akt der Zerstörung. Bereits bei den Zeitgenossen sorgte die Verwüstung der Pfalz für Empörung. In langfristiger Hinsicht waren die Auswirkungen sogar noch schädlicher. Die „Erbfeindschaft“ zwischen Deutschland und Frankreich, die erst nach dem Zweiten Weltkrieg zu Ende ging, hat hier ihre Wurzeln.