Jean-Baptiste Colbert (1619 – 1683)

Jean-Baptiste Colbert
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1. Colberts Herkunft und Aufstieg

Der am 29. August 1619 in Reims geborene Jean-Baptiste Colbert entstammte einer Tuchhändlerfamilie. Seit 1643 arbeitete er für den damaligen Kriegsminister Michel Le Tellier (1603 – 1685). Während des Fronde-Aufstandes ernannte Le Tellier im Jahr 1650 Colbert zu seinem Assistenten. Colbert informierte den Kriegsminister über die aktuellen Vorgänge am Hof des Premierministers Kardinal Mazarin (1602 – 1661) sowie in der Armee. In den Jahren danach setzte sich der Aufstieg Colberts fort. Er wurde Assistent Mazarins und im Jahr 1653 übernahm Colbert die Leitung der königlichen Bibliothek. Auf seinem Sterbebett empfahl Mazarin 1661 dem jungen König Ludwig XIV. (1638 – 1715) die Dienste Colberts.

2. Die Intrige gegen Fouquet

1661 verschworen sich König Ludwig XIV., Jean-Baptiste Colbert und Michel Le Tellier gegen Nicolas Fouquet (1615 – 1680). Der Generalkontrolleur der Finanzen war ihr gemeinsamer Feind. Insbesondere Colbert hasste Fouquet. Colbert und der König sahen in Fouquet den potenziellen Anführer einer zukünftigen Fronde und wollten diesen daher beizeiten aus dem Weg räumen. Der Plan ging auf und ein unvorbereiteter Fouquet wurde gestürzt. Fouquet wurde schließlich zu einer lebenslangen Isolationshaft verurteilt und starb 1680 in Gefangenschaft. Währenddessen wurde Colbert neuer Generalkontrolleur der Finanzen (Finanzminister) und bildete mit dem Kriegsminister Le Tellier und dem Außenminister Hugues de Lionne (1611 – 1671) ein Triumvirat.

3. Generalkontrolleur der Finanzen I: Merkantilismus

Als Generalkontrolleur der Finanzen setzte Colbert auf den Merkantilismus. Er wollte die Importe nach Frankreich minimieren und den Export französischer Waren maximieren. In den Augen Colberts war die Industrie die Hauptquelle des Reichtums. Daher förderte er die industrielle und gewerbliche Wirtschaft. Ebenso machte sich Colbert um den Ausbau der Infrastruktur verdient. So sorgte er zum Beispiel für die Schaffung von überregionalen Verkehrsverbindungen sowie den Bau von Kanälen. Außerdem veranlasste er die Beseitigung von Zollschranken innerhalb des Königreichs.

4. Generalkontrolleur der Finanzen II: Indirekte Steuern

Zu Colberts primären Aufgaben als Generalkontrolleur der Finanzen zählte die Erhöhung der Staatseinnahmen. Dabei setzte er auf die Erhebung von indirekten Steuern und profitierte davon, dass Ludwig XIV. nach Übernahme der Regierungsgeschäfte (1661) zunächst keinen großen Krieg plante. Die Erhebung von indirekten Steuern zeigte die erhoffte Wirkung und der Anteil der Steuereinkünfte, die tatsächlich beim König ankamen, stieg von 25 auf 80 Prozent an. Zudem erlebten sowohl die Textilindustrie als auch der Außenhandel unter Colbert einen Aufschwung. Jedoch gelang ihm nicht alles. Colbert wollte bestehende Steuerprivilegien abschaffen und für eine gerechtere Lastenverteilung sorgen, aber der Widerstand der privilegierten Klassen war zu groß.

5. Generalkontrolleur der Finanzen III: Handelskrieg

Colbert wollte militärische Konflikte durch Handelskriege ersetzen. Seiner Meinung nach war der Handel ein ständiger Wirtschaftskrieg. Da das Handelsvolumen konstant sei, könne ein Staat nur auf Kosten eines anderen Landes seinen Marktanteil ausbauen. Und Zölle waren ein Instrument, mit dem man den wirtschaftspolitischen Rivalen schwächen konnte. Für Colbert war klar, dass Frankreich seinen Marktanteil auf Kosten der Republik der Vereinigten Niederlande erhöhen musste. Seit 1667 führten Frankreich und die Niederlande einen sukzessive eskalierenden Handelskrieg gegeneinander. So verboten beispielsweise die Niederlande 1671 den Import von französischen Weinen. 1672 wurde schließlich aus dem Handelskrieg ein echter Krieg.

6. Vergeblicher Widerstand gegen den Holländischen Krieg

Der Krieg gegen die Republik der Vereinigten Niederlande stieß in Frankreich durchaus auf Kritik. So sprach sich der Außenminister Lionne dagegen aus und auch Colbert erhob seine Stimme gegen den Holländischen Krieg. Der Generalkontrolleur der Finanzen hatte dabei den französischen Staatshaushalt im Blick, der von den Kriegskosten massiv in Mitleidenschaft gezogen würde. Aber Ludwig XIV. ignorierte die Warnungen und Colbert behielt am Ende recht. Mit dem Beginn des Holländischen Krieges (1672) stieg die finanzielle Belastung des französischen Staates immer weiter an und machte die Erfolge der Vorjahre zunichte. Die Staatsfinanzen nahmen einen nachhaltigen Schaden.

7. Colbert und die Marine

Im Jahr 1669 wurde Colbert Marineminister. Als solcher konnte er beim Sonnenkönig eine deutliche Erhöhung des Marineetats durchsetzen. Die Anzahl der Kriegshäfen erhöhte sich unter Colbert deutlich. Bei der Bemannung der Kriegs- und Handelsschiffe setzte Colbert auf die seetüchtige Bevölkerung der französischen Küstenregionen. An der Spitze der Flotten standen fähige Admirale. Eine maritime Industrie, die für die notwendige Infrastruktur sorgte, entstand erst unter Colbert. So wurde mit dem Viermaster (56 Meter Länge, 118 Kanonen) ein neuer Schiffstyp für die französische Marine gebaut. Colbert hatte eine Kriegsmarine erschaffen, die mit den traditionellen Seemächten England und Niederlande konkurrieren konnte.

8. Colbert und die Kultur

Laut dem Herzog von Saint-Simon (1675 – 1755) erreichte die französische Kultur unter Colbert die „höchste Blüte“. Colbert lockte führende Wissenschaftler wie Jean Dominique Cassini (1625 – 1712) oder auch Christiaan Huygens (1629 – 1695) nach Frankreich. Colbert ist der Gründer von vielen bedeutenden wissenschaftlichen Institutionen wie zum Beispiel der Akademie der Wissenschaften (1666) oder der Akademie der Architektur (1671). Er wollte die kulturelle und wissenschaftliche Elite an die Krone binden und in den Dienst des Staates stellen. Im Gegenzug erhielten die Wissenschaftler finanzielle Sicherheit.

9. Die Familie Colbert

Colbert stieg im Laufe der Zeit zu einer Art Superminister auf. Er war in Personalunion Generalkontrolleur der Finanzen, Marineminister und Minister des königlichen Hauses. Zudem organisierte er den Bau von Schloss Versailles, erschuf eine französische Industrie und baute das Kolonialreich aus. Er war de facto Premierminister von Frankreich in den ersten zwanzig Jahren der persönlichen Regentschaft des Sonnenkönigs. Er nutzte seine Machtposition, um sich eine Hausmacht aufzubauen. So installierte er 1679 seinen Bruder Charles Colbert de Croissy (1629 – 1696) als Außenminister und 1674 seinen Sohn Jean-Jules-Armand Colbert (1663 – 1704) als obersten Intendanten der Bauten des Königs.

10. Colbert gegen Louvois

Colbert und der Kriegsminister Louvois (1641 – 1691) waren Erzrivalen. So hatte dem Herzog von Saint-Simon zufolge Louvois den Sonnenkönig zum Holländischen Krieg angestachelt, um Colbert zu schaden. Im Jahr 1679 verbündeten sich Colbert und Louvois jedoch gegen den Außenminister Simon Arnauld de Pomponne (1618 – 1699). Sie sponnen eine Intrige gegen Pomponne und konnten beim König dessen Entlassung durchsetzen. Im darauffolgenden Machtkampf um Pomponnes Nachfolge behielt Colbert die Oberhand und sorgte dafür, dass sein Bruder Colbert de Croissy neuer Außenminister von Frankreich wurde. In den Jahren nach 1679 gewann allerdings Louvois zunehmend an Einfluss.

11. Letzte Jahre und Tod

In seinen letzten Lebensjahren betrachtete Colbert die Politik des Sonnenkönigs immer kritischer. Er beklagte sich darüber, dass die ständigen Kriege Ludwigs XIV. den französischen Staatshaushalt ruinieren würden. Währenddessen lief ihm sein Erzrivale Louvois zunehmend den Rang ab. Am 6. September 1683 starb Jean-Baptiste Colbert in Paris. Zwar folgte ihm sein ältester Sohn Jean-Baptiste Colbert de Seignelay (1651 – 1690) im Amt des Marineministers nach. Aber die Colberts verloren die Position des Generalkontrolleurs der Finanzen an das verfeindete Haus Le Tellier. Louvois war nach Colberts Tod der neue starke Mann in Frankreich und hatte das Ohr des Königs.