Frankreich und der Westfälische Friede

I. Einleitung: Der Dreißigjährige Krieg

Als 1648 Kaiser Ferdinand III. (1608 – 1657) mit Frankreich in Münster und mit Schweden in Osnabrück Frieden schloss, lagen 30 lange Jahre des Krieges hinter Europa. Weite Teile des Heiligen Römischen Reiches lagen in Trümmern und mussten einen enormen Bevölkerungsrückgang verkraften.

Alles hatte am 23. Mai 1618 mit dem Prager Fenstersturz angefangen. Was als ein Aufstand der protestantischen Stände in Böhmen begann, entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem militärischen Konflikt, in den die wichtigsten Mächte der damaligen Zeit verwickelt waren.

Auch Frankreich war ein wichtiger ‚Player‘ im Dreißigjährigen Krieg.

II. Frankreich tritt in den Dreißigjährigen Krieg ein

Am 19. Mai 1635 erklärte Frankreich Spanien den Krieg und trat damit offiziell in den Dreißigjährigen Krieg ein.

Zuvor hatten spanische Truppen den Trierer Erzbischof Philipp Christoph von Sötern (1567 – 1652) gefangengenommen. Letzterer hatte sich 1632 dem Schutz Frankreichs unterstellt. Und Frankreich berief sich nun auf seinen Status als dessen Schutzmacht.

Doch bereits vor der Festnahme des Erzbischofs waren die Beziehungen zwischen Frankreich und Spanien sehr angespannt. Im Jahr 1639 brachte Frankreich das Elsass unter seine Kontrolle. Die spanische Heerstraße zwischen den habsburgischen Besitzungen in Italien und den Niederlanden war damit abgeschnitten.

III. Das Elsass im Westfälischen Frieden

Wie wir weiter oben gesehen haben, war das Elsass in strategischer Hinsicht für Frankreich sehr wichtig. So ist es kein Wunder, dass Frankreich im Westfälischen Frieden diese Region dauerhaft unter seine Kontrolle bringen wollte.

Und die französischen Diplomaten konnten die Interessen ihrer Regierung auch durchsetzen. Der Westfälische Friede sicherte Frankreich nämlich die Landvogtei über die zehn elsässischen Reichsstädte zu.

Außerdem trat das Haus Österreich Breisach, die Landgrafschaften Ober- und Unterelsass sowie den Sundgau an Frankreich ab.

Zwar hat Frankreich das Elsass nicht vollständig in seinen Besitz bringen können, aber die Region war nun de facto unter französischer Kontrolle.

IV. Die Drei Bistümer im Westfälischen Frieden

Eines der großen Streitthemen während der Friedensverhandlungen waren Metz, Toul und Verdun. König Heinrich II. von Frankreich (1519 – 1559) hatte im Jahr 1552 die drei genannten Städte unter dem Vorwand des Reichsvikariats besetzt.

Den Kaisern des Heiligen Römischen Reiches war es in den folgenden Jahrzehnten nicht gelungen, die Städte zurückzuerobern. Das Gegenteil war der Fall. Frankreich dehnte seine Herrschaft von den Städten auf die gleichnamigen Bistümer aus.

Das Heilige Römische Reich sah sich vor vollendete Tatsachen gestellt und erkannte im Westfälischen Frieden die französischen Besitzrechte über die Bistümer völkerrechtlich an.

V. districtus oder districtus temporalis?

Um den Wortlaut hinsichtlich der Drei Bistümer wurde hart gerungen. Die kaiserlichen Diplomaten wollten die Bezeichnung districtus temporalis durchsetzen. Damit wäre verdeutlicht worden, dass es sich um die weltlichen Gebiete der Bistümer handelt.

Die französischen Diplomaten bestanden allerdings darauf, dass man das Adjektiv temporalis weglässt und nur von districtus spricht. Das französische Kalkül bestand nämlich darin, zu einem späteren Zeitpunkt auch Anspruch auf die Lehen der Bistümer erheben zu können.

Die französische Diplomatie setzte sich durch und schuf mit dieser bewusst vagen Formulierung die Grundlage für die spätere Reunionspolitik.

VI. Die Folgen des Westfälischen Friedens: die Reunionspolitik

Die im Westfälischen Frieden hinsichtlich der Drei Bistümer getroffenen Regelungen wurden im Frieden von Nimwegen (1679) bestätigt.

Frankreich war aus diesem als europäische Hegemonialmacht hervorgegangen und konnte danach die Früchte seiner Diplomatie ernten.

König Ludwig XIV. berief sich ab1679 darauf, dass im Westfälischen Frieden von districtus die Rede war und erhob auf dieser Grundlage weitreichende Ansprüche. So stünden Frankreich alle Territorien zu, die einst in einem Lehensverhältnis zu den Bistümern Metz, Toul und Verdun standen oder sich in deren Besitz befanden. Dabei war nebensächlich, ob diese Lehensabhängigkeit noch aktuell war.

VII. Die Folgen des Westfälischen Friedens: die Reunionskammern

Zur Ermittlungen von etwaigen Lehensabhängigkeiten wurden in den Städten Besançon, Breisach und Metz spezielle Kammern eingerichtet.

Das Vorgehen dieser Kammern war dubios. Die Urkunden, die bei der Beweisführung zum Einsatz kamen, wurden stets so interpretiert, dass man anhand ihrer die Reunion des betroffenen Gebietes rechtfertigen konnte.

Die deutsche Übersetzung für „réunion“ lautet Wiedervereinigung und suggeriert eine Zusammengehörigkeit, die es so nicht gegeben hat.

Überhaupt dienten die Verfahren vor den Reunionskammern lediglich dazu, der französischen Expansion eine juristische Legitimation zu verleihen.

Im Zuge des Friedens von Rijswijk (1697) wurden die Reunionen größtenteils wieder rückgängig gemacht.

VIII. Verspäteter Frieden zwischen Frankreich und Spanien

Während sich Frankreich im Westfälischen Frieden mit dem Kaiser und dem Heiligen Römischen Reich auf einen Friedensvertrag einigen konnte, ging der Krieg gegen Spanien weiter.

Während Spanien auf die Unterstützung durch den Kaiser verzichten musste, ging Frankreich ein Bündnis mit England ein.

Aus Angst vor einem Staatsbankrott zeigte sich Spanien 1659 schließlich zu Friedensverhandlungen bereit. Elf Jahre nach dem Abschluss des Westfälischen Friedens endete damit der letzte mit dem Dreißigjährigen Krieg verbundene Konflikt.

Der von Kardinal Mazarin (1602 – 1661) ausgehandelte Pyrenäenfriede unterstrich die französische Großmachtstellung.

IX. Zusammenfassung und Ausblick: der Gewinner des Westfälischen Friedens

Frankreich ging als großer Sieger aus dem Westfälischen Frieden heraus.

Mit dem Elsass gewann das Königreich eine in strategischer Hinsicht sehr wichtige Region hinzu.

Und hinsichtlich der Drei Bistümer hatte die französische Diplomatie ganze Arbeit geleistet. Nicht nur erkannten Kaiser und Reich die französischen Besitzrechte in Metz, Toul und Verdun an. Sondern ebenso hatten die französischen Diplomaten eine Formulierung durchgesetzt, die eine Hintertür für eine zukünftige Expansion offen ließ. Die Reunionspolitik ist ohne die Vorarbeit der französischen Diplomatie in Münster nicht denkbar.

Hinzu kommt, dass sich nach 1648 ein geschwächter Kaiser einem immer stärker werdenden Frankreich gegenüber sah. Frankreichs Aufstieg zur Hegemonie begann in Münster.