Der kinderlose Tod des pfälzischen Kurfürsten Karls II. (1651 – 1685) war einer der Faktoren, der zum Ausbruch des Pfälzischen Erbfolgekrieges führte.
Während des Krieges war die Pfalz in einem besonderen Ausmaße von den französischen Zerstörungen betroffen.
Städte wie Speyer und Heidelberg wurden von den Truppen des Sonnenkönigs verwüstet.
1. Die Rolle der Pfalz im Vorfeld des Krieges
Am 26. Mai 1685 starb Kurfürst Karl II. von der Pfalz in Heidelberg. Da er keine Kinder hatte, starb mit ihm die Linie Pfalz-Simmern aus.
Neben der Linie Pfalz-Neuburg beanspruchte auch König Ludwig XIV. von Frankreich (1638 – 1715) Teile des pfälzischen Erbes.
Elisabeth Charlotte von Orléans – besser bekannt als Liselotte von der Pfalz – war nämlich nicht nur die Schwägerin des Sonnenkönigs, sondern auch die Schwester des verstorbenen Kurfürsten.
In ihrem Namen erhob Ludwig XIV. Anspruch auf das allodiale Stammgut der Linie Pfalz-Simmern sowie das Privatvermögen Karls.
Die Verhandlungen darüber zogen sich jahrelang hin und die pfälzische Erbfrage war letztlich einer der Faktoren, der 1688 zum Kriegsausbruch führte.
2. Die militärische Strategie
In der Anfangsphase des Krieges brachten die französischen Truppen rasch das linke Rheinufer unter ihre Kontrolle.
Die besetzten Gebiete sahen sich einer systematischen Verwüstung ausgesetzt.
Dieser lag die Strategie der verbrannten Erde zugrunde. Die Feinde Frankreichs sollten nicht dazu in der Lage sein, von der Pfalz aus eine Offensive gegen das Königreich zu starten.
Alles, was gegen Frankreich eingesetzt werden konnte, sollte zerstört und damit den Feinden entzogen werden.
Laut dem Historiker Eberhard Weis (1925 – 2013) verwandelten die französischen Truppen die Pfalz in ein „wüstenartiges Glacis“.
Auf diese Art und Weise sollte den Truppen des Heiligen Römischen Reiches das Überschreiten des Rheins erschwert werden.
Frankreich wollte die Rheinlinie halten und eine rechtsrheinische Pufferzone errichten.
3. Das Ausmaß der Zerstörung
Den systematischen Verwüstungen fielen in der Kurpfalz, Baden und Württemberg 20 große Städte und mehrere hundert Dörfer zum Opfer.
Darunter befanden sich zum Beispiel Heidelberg, Offenburg, Pforzheim, Speyer, Mannheim, Bingen und Oppenheim.
Die französischen Truppen machten auch vor historischen Bauten nicht halt.
Am bekanntesten ist wohl das Heidelberger Schloss, das 1689 und 1693 von den Franzosen zerstört wurde – und bis heute eine Ruine geblieben ist.
Doch auch anderswo haben Burgen und Schlösser die systematische Verwüstung nicht überlebt.
Als Beispiel kann man die Madenburg bei Eschbach (Pfälzerwald), die Burg Neuleiningen im gleichnamigen Ort sowie die Burg Nanstein bei Landstuhl nennen.
Dem Historiker Wolfgang Behringer (*1956) zufolge wurden selbst militärisch wertlose alte Ritterburgen gesprengt.
4. Die Verantwortlichen für die Verwüstung der Pfalz
Der französische Kriegsminister Louvois (1641 – 1691) steckt hinter der Strategie der verbrannten Erde und den damit verbundenen Verwüstungen.
Die Zerstörungen wurden auf seinen Befehl hin durchgeführt.
Der Kriegsminister entwarf Plan, Strategie und Durchführung auf dem Reißbrett. Dabei hatte Louvois den ausdrücklichen Segen des Königs.
Die Idee der systematischen Verwüstung der Pfalz wurde indes von Jules-Louis Bolé de Chamlay (1650 – 1719) zum ersten Mal in den Raum geworfen.
Chamlay wollte auf diese Art und Weise die Sicherheit von Straßburg, Philippsburg und Landau gewährleisten.
Er und Louvois hielten konsequent an der Strategie der verbrannten Erde fest und riefen die Kommandeure der französischen Armee zu einem unerbittlichen Vorgehen auf. Kommandeure wie Joseph de Montclar (1625 – 1690).
5. Mélac
Eine der umstrittensten Persönlichkeiten des Pfälzischen Erbfolgekrieges ist Ezéchiel de Mélac (1630 – 1704).
Er war sowohl für die Zerstörung des Heidelberger Schlosses als auch die Niederbrennung Mannheims verantwortlich.
In Südwestdeutschland führte er planmäßige Verwüstungen durch. Das machte ihn bei der lokalen Bevölkerung zu einer Hassfigur.
Aus dem Namen „Mélac“ entwickelte sich im pfälzischen Dialekt das Schimpfwort „Lackel“.
Mélac war berüchtigt für seinen Sadismus und seine Grausamkeit.
Die von ihm und anderen französischen Kommandeuren durchgeführten Zerstörungsmaßnahmen schürten eine anti-französische Stimmung in Deutschland und hatten langfristig negative Auswirkungen auf das deutsch-französische Verhältnis.
Die Franzosen galten in Deutschland als brutale und rücksichtslose Barbaren und Mélac personifizierte in seiner Person diese Grausamkeit. Auf ihn richtete sich der Zorn der Deutschen.
6. Der Fall Speyer
Speyer hatte eine besondere Bedeutung für das Heilige Römische Reich.
Hier war seit 1527 der Sitz des Reichskammergerichtes.
Und im Speyerer Dom sind mehrere Kaiser wie zum Beispiel Konrad II. (990 – 1039) oder auch Heinrich V. (1086 – 1125) bestattet.
Speyer wurde bereits in den ersten Kriegswochen von der französischen Armee erobert.
Am 31. Mai 1689 zerstörten die französischen Truppen die Stadt vollständig und plünderten sogar die Kaisergräber im Dom.
In Band 13 des „Theatrum Europaeum“, das den Zeitraum von 1687 bis 1690 behandelt, ist davon die Rede, dass Speyer „verbrennet und verheeret worden“ sei.
Für die Zerstörung von Speyer war Joseph de Montclar zuständig. Er befahl, dass der Kaiserdom angezündet werden sollte.
7. Der Fall Heidelberg
Das berühmteste bzw. berüchtigste Beispiel für die französischen Zerstörungen ist Heidelberg, die damalige Residenz der Kurfürsten von der Pfalz.
Die Zerstörung von Heidelberg begann am 17. Januar 1689 und dauerte bis zum 2. März 1689.
Was noch von der Stadt übrig blieb, fiel einer zweiten Zerstörungswelle unter Mélac im Mai 1693 zum Opfer.
Die französischen Truppen rissen alle Häuser und Gebäude in Heidelberg ab. Das Rathaus der Stadt wurde von ihnen niedergebrannt.
Das prominenteste Opfer der französischen Zerstörungsmaßnahmen war das Heidelberger Schloss – es ist nie wieder aufgebaut worden.
Das „Theatrum Europaeum“ berichtete in Band 13 (1687 – 1690), dass Heidelberg von den Franzosen „durch grausame Verwüstung zu einem Stein-Hauffen gemacht worden“ sei.
8. Die Reaktionen auf die Verwüstung der Pfalz
Die systematische Verwüstung der Pfalz wurde von den Zeitgenossen scharf kritisiert.
Liselotte von der Pfalz, in deren Namen Ludwig XIV. von Frankreich den Krieg vom Zaun gebrochen hatte, zeigte sich von der Verwüstung ihrer pfälzischen Heimat erschüttert.
Sie schrieb am 11. Dezember 1695, dass sie keinen Trost finde ob der Ereignisse, die „in der armen Pfalz vorgegangen“ seien.
Sie dürfe gar nicht daran denken, ansonsten „bin ich den ganzen Tag traurig“.
Das Heidelberger Schloss wurde zuerst zum Symbol der systematischen Zerstörung der Pfalz sowie später der deutsch-französischen „Erbfeindschaft“.
Die umfassende Verwüstung der Pfalz hatte das deutsch-französische Verhältnisse für Jahrhunderte vergiftet.
Erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges fand eine Aussöhnung zwischen Deutschland und Frankreich statt.