Das Wort ‚Reunionspolitik‘ benennt einen Aspekt der Außenpolitik Ludwigs XIV.: die Annexion von Gebieten des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, die – nach französischer Lesart! – mit gewissen französischen Territorien juristisch verbunden und daher mit diesen wiederzuvereinen seien.
Reunionskriege
Um dem angeblichen Recht auf Wiedervereinigung zur Herrschaft zu verhelfen, führte Ludwig XIV. Krieg, und zwar vier sogenannte Reunionskriege:
- 1667-68 den Devolutionskrieg (gegen Spanien),
- 1672-1679 den Holländischen Krieg (gegen die Niederlande),
- 1683-84 den Reunionskrieg (hauptsächlich gegen Spanien),
- 1688-1697 den Pfälzischen Erbfolgekrieg (gegen die sogenannte Augsburger Allianz von Kaiser Leopold I., König Karl II. von Spanien, König Karl XI. von Schweden, Kurfürst Maximilian II. Emanuel von Bayern und anderen).
De facto ging es um französische Eroberungsgelüste, die Ludwig XIV. aber hübsch juristisch zu verpacken vorzog.
Böse Zungen behaupten, das Recht sei die Hure der Macht. Zuweilen ist der Gedanke bei der Betrachtung der Weltgeschichte nicht völlig abwegig.
Reunionskammern
1679 gründete Ludwig XIV. in Besançon, Breisach, Metz und Tournai Reunionskammern. Die Juristen, die in diesen Kammern tätig waren, durchwühlten allerlei alte, zumeist noch im Lehensrecht des Mittelalters verwurzelte Verträge und stellten – oh Wunder! – schließlich fest, dass bestimmte französische Territorien ein gerichtliches Anrecht auf just die Gebiete hatten, auf die der Sonnenkönig ohnehin ein Auge warf.
Selbst in Frankreich galten die Verfahren der Reunionskammern als fragwürdig.
Die ‚Reunionisten‘ argumentierten folgendermaßen: Durch den Westfälischen Frieden (1648) und das Vertragswerk von Nimwegen (1678-79) seien bestimmte Gebiete des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation an Frankreich gefallen, etwa:
- die Franche-Comté,
- die zehn elsässischen Reichsstädte,
- der Sundgau,
- die Bistümer Toul, Metz und Verdun.
Dadurch gehörten aber – so die Argumentation weiter – auch alle die Territorien zu Frankreich, welche jemals lehensrechtlich abhängig von jenen Gebieten gewesen seien. (Logisch ist dieser Argumentationsschritt nicht, aber es ging ja auch eher um machtgeschützte Juristerei…) Man sprach in Bezug auf diese Territorien von „Dependenz- und Pertinenzstücken“.
Reunionsklage
Man bediente sich, um diese Territorien zu erlangen, des Mittels der Reunionsklage aus dem alten Recht, stützte das Vorgehen also auch praktisch auf das Lehensrecht. Man argumentierte allerdings nicht, dass jene Territorien einst französisch gewesen seien, wie man es später im Zeitalter des Nationalismus gehandhabt hätte.
Im Rahmen seiner Reunionspolitik eroberte Ludwig XIV. bedeutende Teile Luxemburgs, des Elsass, der Pfalz und des heutigen Saarlandes.